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2021-27-08
Kinder stehen im Straßenverkehr besonderen Herausforderungen gegenüber – besonders als Radfahrer. Deswegen schätzen Eltern den lehrplanmäßigen Jugendverkehrsunterricht für alle Grundschulkinder der vierten Klasse, der vom Land Hessen vorgeschrieben ist. Im Wesentlichen sollen die Grundschulkinder mit den Gefahren des Straßenverkehrs als Radfahrer vertraut gemacht und befähigt werden, diese alltäglichen Gefahren auch zu bewältigen. Der praktische Verkehrsunterricht wird im Hochtaunuskreis durch Beamte des Polizeipräsidiums Westhessen, Polizeidirektion Hochtaunus, Bad Homburg v.d. Höhe erteilt. „Unterricht unter möglichst realen Bedingungen ist das Ziel der Jugendverkehrsschulen. Übungen im öffentlichen Verkehrsraum sind daher unverzichtbar.“ ((https://www.hochtaunuskreis.de/Schule+und+Betreuung/Jugendverkehrsschule.html)
Die Eltern unterstützen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in ihrer Arbeit bei dieser Unterrichtseinheit als begleitende Radfahrer. Eine der Mütter, Anja Weinhold, war bei einer der ca. 4 Kilometer langen Trainingstouren mit vier Grundschülern und einem Beamten mit dabei und berichtet hier – noch vor Beginn des neuen Schuljahres – von ihren Erfahrungen, die sie doch sehr erschreckt haben: „Die Kinder haben diese Runde konzentriert und aufmerksam absolviert – leider im Gegensatz zu den Autofahrern, die uns unterwegs begegnet sind. Zweimal hat man unserer Gruppe rigoros die Vorfahrt genommen, einmal kam ein SUV mit quietschenden Reifen nur knapp vor unserem, mit Warnwesten ausgestatteten, 6-Personen-Tross an einer übersichtlichen Nebenstraßenkreuzung zum Stehen“, erzählt sie.
Die Regel „rechts vor links“ gelte entweder in den Augen einiger Autofahrer nur für andere Autos, oder Radfahrer würden nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer wahrgenommen. „Kinder, die das selbstständige Bewegen im Straßenverkehr gerade lernen, sind diesem rücksichtslosen Verhalten leider erfahrungs- und schutzlos ausgesetzt“, stellt Weinhold fest. Gegenüber dem Beamten habe der Betreffende leider auch keine Einsicht gezeigt, sondern hatte lediglich Selbstschutz im Sinn – und das im Beisein der Kinder. „Wie dramatisch dies für uns hätte enden können, wurde mir selbst erst durch die Reaktion des erfahrenen Beamten bewusst, der bei der Nachbesprechung der Situation mit den Kindern immer noch spürbar fassungslos war“, berichtet die Mutter, die als Grünen-Stadtverordnete nicht vergisst, hinzuzufügen: „Wir wollen und müssen viel Geld in Radwege, deren Sicherung und Beschilderung investieren und durch das alles das Radfahren bequemer und schneller, vielleicht sogar sicherer machen.“ Was man aber mit Geld nicht erschaffen kann, sagt sie, „ist gegenseitige Aufmerksamkeit und insbesondere gegenseitige Rücksichtnahme – vor allem gegenüber dem jeweils verletzlicheren Verkehrsteilnehmer.“ Und das seien immer die Kinder.
„Vielleicht wäre eine konsequente Tempo 30-Zone in ganz Kronberg ein guter Anfang, zur Akzeptanz eines solchen Tempo-Limits trägt gewiss eine häufigere Blitz-Kontrolle bei“, überlegt sie nach ihren Erfahrungen mit den Kindern auf der Straße. „Damit Radfahrer sicher und sichtbar auf der Straße unterwegs sind und damit wir den Konflikt zwischen Sicherheitsbedürfnis und Nutzungs-
bereitschaft des Rades durchbrechen können“, sagt sie und fügt hinzu: „Das muss bei den Kindern beginnen, das habe ich an diesem 21. Juni in unserem Ortsgebiet auf meinem Rad gelernt.
Die vier Jungen und Mädchen, die mit dem Polizeibeamten und mir unterwegs waren, haben leider an diesem Tag auch etwas gelernt: „Es gibt starke und schwache Verkehrsteilnehmer, und auf dem Rad unterwegs auf der Straße gehörst Du selbst zur Gruppe der schwachen Verkehrsteilnehmer.“ Und sie fügt hinzu: „Ich hoffe, sie lernten an diesem Vormittag nicht, dass es vorteilhafter und sicherer ist, ein Autofahrer zu sein. Denn Erlebnisse wie dieses könnten ihr gesamtes künftiges Mobilitätsverhalten beeinflussen.“
Quelle: Kronberger Bote, 27. August 2021